Wir schenken uns nichts – also meine Frau und ich. Soweit so gut. Und da meine Schwiegereltern beide im Dezember Geburtstag haben, benötigen wir auch in dieser Richtung keine Geschenke. Bei meiner Mutter und meinem Bruder sprechen wir auch seit Jahren darüber, die krampfhafte Schenkerei wegzulassen. Und auch da klappt es … eigentlich… manchmal… also… zumindest haben wir uns das für dieses Jahr fest vorgenommen!
Natürlich gilt das nicht für mein Patenkind Johanne und ihren Bruder Jannes. Da ich meine Phantasielosigkeit nicht einfach Urlaub geben kann, bleibt mir als rettender Engel nur die Mutter der Beiden. Und – wie immer – hat Katrin jede Menge Ideen für mich.
Wie schön, dass ich zwei Tage vor Heiligabend frei habe. So kann ich die Mission „Weihnachtszeit“ in aller Ruhe angehen: Alles klar, ganz entspannt.
Am ersten Tag fahre ich nach Bremen. Traditionell helfe ich meiner Mutter beim Aufstellen und Schmücken des Weihnachtsforstes.
Den Baum hat Muttern bereits einige Tage vorher erstanden. Das begrüße ich, da ich in den vergangenen Jahren das Gehölz im Auto aus Hamburg mitgebracht habe. Die Tannennadeln rammt man sich noch im Sommer in den Hintern, wenn man auf die Rückbank des Wagen schlüpft. Nun gilt es den Baumständer im Keller zu orten, diverse Kartons mit Baumschmuck und Kerzen in die Wohnung zu wuchten, um die richtige Verziehrung für dieses Jahr zu wählen. Außerdem müssen – wie jedes Jahr – die ausgelaufenen Batterien in den funkgesteuerten Elektrokerzen ersetzt werden. Aber dieses Jahr werden die Energieträger vor dem Einpacken entfernen, versprochen!
Der Baum fällt heuer etwas kleiner aus. „Für mich alleine lohnt kein großer Baum.“ meint meine Erzeugerin. Nun gut, dadurch sind wir recht schnell mit dem Beleuchten und Behängen des Nadelgehölzes fertig. Leere Verpackungen und Kartons werden ineinander gestapelt und bis zum Abbau in den Keller verfrachtet.
Bis hierhin war Tag Eins erfolgreich. Doch nun geht es an die Weihnachtseinkäufe. Klingt ganz einfach. Ist es aber nicht:
Bewusst habe ich mich für Bremen, als Einkaufsquelle entschieden. Hier bin ich geboren, hier kenne ich mein Jagdgebiet. Also ab in die Stadt und rein ins erste Kaufhaus: Nach Aussage von Katrin bestehen mehrere Möglichkeiten meine Jagd erfolgreich abzuschließen.:
- für Johanne einen Spielteppich für den Bauernhof der Spielzeugfigurenreihe (eins von eins möglich)
- für Jannes ein Modell eines bekannten Bauwerks aus Bausteinen ODER ein Feuerwehrauto eines bestimmten Herstellers mit Modellnummer! (hier habe ich also zwei Treffer zur Auswahl)
Im ersten Geschäft sind sämtliche Teppichvarianten als auch Bauwerke und Modellautos ausverkauft. „Nach Weihnachten bekommen wir wieder eine Lieferung“ entschuldigt sich die wirklich bemühte Bedienung. „Nach Weihnachten ist es zu spät“ nörgle ich weniger freundlich zurück. Es entpuppt sich nicht als Überraschung, dass sich im nächsten Kaufhaus das gleiche Bild ergibt. „Sie sind aber auch etwas spät dran, diese Sachen sind immer sehr schnell weg!“ lautet der Vorwurf in diesem Geschäft. „Im Steintor-Viertel gibt es noch ein Fachgeschäft für Spielwaren, vielleicht haben die noch die gesuchten Artikel!“ wird uns als Tipp mitgegeben. Also besorgen wir in der Stadt noch ein wenig Geschenkpapier und Weihnachtskarten, die längst hätten geschrieben sein sollen, und verlassen die Innenstadt mit dem Ziel Steintor-Viertel.
Tatsächlich, in diesem Fachgeschäft gibt es noch Spielteppiche der gewünschten Firma. Doch es gibt nicht DEN Spielteppich, sondern eine ganze Auswahl. So wächst die Unsicherheit. Welchen soll ich denn jetzt nehmen? Ich setze auf Mithilfe und hoffe das Katrin auf „Empfang “ ist. Wozu hat die Frau seit einigen Monaten ein Smartphone mit WhatsApp. Erstes Foto: „Hallo Katrin! Ist das der Teppich, den Johanne haben will?“ Leider ist der Empfang IM Laden nicht sehr stabil. So stürme ich auf die Straße, in der Hoffnung auf mehr Balken auf der Empfangsanzeige. Ich habe Glück. Nicht nur mein Handy hat Empfang, auch Katrin registriert meinen Hilferuf. Nach einigen Chateinträgen und weiteren Detailfotos sind wir uns fast sicher, den richtigen Teppich zu kaufen.
Nun geht es an das Geschenk für Jannes. Doch kein Glück. Trotz – oder gerade wegen – einer präzisen Vorgabe der Modell-Nummer ist sehr schnell klar: das Modell ist derzeit nicht lieferbar. Und auch das Lego-Bauwerk ist hier nicht zu bekommen. Der restliche Tag bleibt somit erfolglos.
Ich werde alles auf eine Karte setzen müssen. Und diese Karte ist der Lego-Store in Hamburg.
So mache ich mich am zweiten Tag auf nach Hamburg. Wie immer bei den Tarifen, habe ich das dumme Gefühl nicht einen Platz im Parkhaus zu mieten, sondern das gesamte Parkhaus zu kaufen. Egal, heute muss es klappen. Es ist der 23.12.! Für Bestellungen im Internet war es gestern schon zu spät. So bin ich weit vor neun Uhr und damit vor Ladenöffnung vor dem Eingang und versuche durch die Schaufenster das von mir benötigte Objekt zu entdecken. Offenbar scheint es sich um ein Nieschenprodukt zu handeln, denn im Schaufenster spielt es keine Rolle und die für mich erkennbarenRegale sind auch mit anderen Produkten belegt. Die Zeit vergeht im Schneckentempo,meine Geduld ist aufgebraucht und meine Stimmung ist im Keller. Nächstes Jahr fange ich im Sommer an mich um Geschenke für die Beiden zu kümmern. Verzweifelung macht sich breit. Endlich ist es soweit. Eine freundlich lächelnde Dame hockt an der Glastür um die Bodenverankerung des Engangs zu entfernen. Ich kann mich nur schwer bremsen die Tür samt Verkäuferin aufzuschieben, nachdem ich das Klicken der Verriegelung gehört habe. Nun endlich gibt sie den Weg in den Verkaufsraum frei. Verzweifelt schweift mein Blick über die nun in voller Schönheit vor mir liegenden Regale. Alle möglichen Themenreihen von Lego wollen gescannt werden: Starwars, Harry Potter, Lego-Technik. Und da! Endlich finde ich das Regal mit „LEGO Architecture“. Der Erleichterung folgt Ernüchterung. Von den favorisierten Bauwerken sind leider keine mehr da. Einige Sehenwürdigkeiten hat Jannes schon. So reduziert sich die Auswahl auf EINS. Doch bevor ich den Louve kaufe, versichere ich mich wieder per Smartphone, dass meine Auswahl nicht gar bei NULL liegt, weil Jannes diese Sehenswürdigkeit auch schon fertig zusammengesetzt in seinem Zimmer beherbergt. Ich habe tatsächlich Glück. Katrin bestätigt mir die Lücke in seiner Sammlung. So gedenke die diese Lücke zu schließen.
Was für ein Stress…. Was würde ich nur machen, wenn ich mich um mehr als zwei Geschenke kümmern müsste……